Als der Alte Fritz die Huth verbot
Im „leegen Bruch“ wurden einst Schafe, Kühe und Schweine gehütet
Wie aus einem Bericht des Oranienburger Magistrats vom 16. Juni 1766 hervorgeht, soll es zum wiederholten Male Ärger gegeben haben wegen „der Hütung in der Friedrichsthaler Forst und dem leegen Bruch“. Dass das damals noch sumpfige und unbewohnte Leegebruch zu jener Zeit zum Forstrevier Oranienburg gehörte, ist nicht neu. Aber was hatte es mit der Hütung auf sich?
Bei näherer Beschäftigung mit dem Bericht, mit weiteren Dokumenten und Literatur aus der Zeit offenbart sich ein interessantes Stück Geschichte unserer Umgebung. Und es liefert gleichzeitig eine Erklärung, woher die in Leegebruch bekannte Flurbezeichnung und der 1939 im Adressbuch aufgeführte Straßenname „Fritzenshuth“ stammt (1950 in Maxim-Gorki-Straße umbenannt). Während der letzten Jahre gab es verschiedene Deutungen der Namensherkunft. 2016 vermutete Giso Siebert wegen der Endung ‑huth auch einen möglichen Zusammenhang mit Hut/Hütung. Das hat sich nun verfestigt.
Zurück ins 18. Jahrhundert. Die Waldweide, auch Huth/Hut, hatte für die Bauern große Bedeutung. Haustiere wie Schafe, Kühe, Schweine und vereinzelt Ziegen wurden gehütet in der Allmende. So nannte man die von den Bauern aus der Umgebung genutzten Gemeindewiesen, ‑gehölze und ‑wälder. Zur Fütterung des Viehs sammelten die Hirten hier auch Laub, Reisig und Waldkräuter. Diese Form der Nutzung des lebensnotwendigen Waldes war bereits seit der ausgehenden Steinzeit üblich. Umfassende Regelungen zur Wald- und Weidewirtschaft wurden von den Besitzern, also den jeweiligen Landesherren, per Forstordnungen und Einzeledikten erlassen. In Brandenburg geschah dies erstmals Mitte des 16. Jahrhunderts. Danach erfolgten in unregelmäßigen Abständen immer wieder Aktualisierungen.
In unserem Fall geht es um den von 1740 bis 1786 regierenden Preußenkönig Friedrich ll., der eine Vielzahl von Edikten zum Thema Wald verfasste und beispielsweise vorschrieb, wer wann welche Tiere hüten darf, wie hoch das Mastgeld für Schweine ist, dass Holzklauen hart bestraft wird und dass das „Toback-Rauchen“ in den Schonungen strengstens verboten ist. Das Vieh durfte im Frühjahr übrigens erst dann eingetrieben werden, wenn die Tiere die Spitzen der frischen Austriebe mit den Mäulern nicht mehr erreichen und den Bäumen somit keinen Schaden zufügen konnten.
In Oranienburg stritten sich indes das königliche Amt und der städtische Magistrat um die jeweiligen Eigentums- und Hütungsrechte an und in der Forst. Es ging schon seit Jahrzehnten so, wie Pfarrer Friedrich Ballhorn in seiner 1850 erschienenen Geschichte der Stadt Oranienburg schrieb. Auch Grenzregulierungen sollen nichts genutzt haben. So wandten sich beide Seiten immer wieder mit Beschwerden an den König. Vor allem der Magistrat klagte über fortwährende Benachteiligung der Stadtbürger durch das Amt. Also schrieb er 1766, dass es trotz eines im Jahre 1744 erlassenen Bescheides nach wie vor zu Ärger mit dem Amt komme. In diesem erwähnten Bescheid wurde bestimmt, in welchen Bereichen das königliche Personal das Recht zur Hütung hat und wo dies den Bürgern zusteht. So ist zu lesen, dass „die Stadt hütungsberechtigt ist in der ganzen Königlichen Forst mit Ausschluss a) des Thiergartens, b) des Malzes, c) des leegen Bruchs, d) der Friedrichsthaler Forst“.
Westlich vom Burgwall nahe der Havelhausener Straße lag diese mit einem lichten Mischwald bestandene Fläche des „leegen Bruchs“. Als nun den Bürgern hier die Huth untersagt wurde, erfand wohl der Volksmund die saloppe Bezeichnung „Fritzenshuth“. Dokumentiert ist diese mündlich überlieferte Neuschöpfung erst Generationen später im Adressbuch von 1939. Bis in unsere Zeit gibt es jedoch unterschiedliche Schreibweisen, da die Herkunft des Namens ebenso unterschiedlich gedeutet wurde.
Aus dem viele Jahrzehnte brach liegenden Gelände von Fritzenshuth ist inzwischen ein neues Wohngebiet mit neuen Straßennamen geworden. Schön wäre es jedoch, die alte Flurbezeichnung für die Zukunft zu erhalten, spiegelt sie doch ein zwar kleines, aber feines Stück Leegebrucher Geschichte.
Ulrike Unger
Beide Fotos und vertiefende Texte in: „Von Heidereitern, Waldfrauen und Zapfenpflückern. Historische Wald- und Holzberufe im Wandel der Zeit“, Landesbetrieb Forst Brandenburg (Hrsg.), Potsdam 2014. Dank für Unterstützung an Dr. Jan Engel, Landesbetrieb Forst Brandenburg.
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