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Blog - Die aktuellen Neuigkeiten
Marsch der Hennigsdorfer Stahlarbeiter nach Ostberlin (Foto: AdsD/FES 6/FOTB001831)© AdsD/FES/6/FB001831

Statt Berufsschule Fußmarsch nach Berlin

17. Juni 2023/0 Kommentare/in Beiträge zur Ortsgeschichte/von Geschichtsverein

Vor 70 Jahren, am 17. Juni 1953 stan­den vie­ler­orts die Räder still. Tausende Menschen leg­ten die Arbeit nie­der und ver­sam­mel­ten sich zu Streiks, Massendemonstrationen und ande­ren Protestaktionen. Sie for­der­ten u. a. den Rücktritt der Regierung, freie Wahlen und die Freilassung von poli­ti­schen Gefangenen. Als Auslöser der Proteste galt die Erhöhung von Arbeitsnormen, durch wel­che sich die wach­sen­de Unzufriedenheit der Bevölkerung Bahn brach. Der Aufstand wur­de gewalt­sam auch mit Hilfe sowje­ti­schen Militärs niedergeschlagen.

Die Teilnahme an den Protesten war gefähr­lich, konn­te Freiheit oder gar Leben kos­ten. Viele der Streikenden blie­ben sehr bewusst der Arbeit fern und schlos­sen sich den Demonstrationszügen an. Über die­se Menschen wird die­ser Tage in den Medien häu­fig berich­tet. Doch nicht alle Beteiligten waren aus wirk­li­cher Überzeugung dabei. Wir baten Leegebrucher, die in die Dynamik der Ereignisse hin­ein gerie­ten, ihre prä­gen­den Lebenserinnerungen auf­zu­schrei­ben. Lesen Sie selbst.


Gerhard Kurz als Jugendlicher. Foto aus seinem Arbeitsbuch aus Lehrlingszeiten ca. 1953. (Foto: privat)

Gerhard Kurz als Jugendlicher. Foto aus sei­nem Arbeitsbuch aus Lehrlingszeiten ca. 1953. (Foto: privat)

Gerhard Kurz erinnert sich

Am 17. Juni 1953 war ich Schweißerlehrling im Ausbildungswerk Hohenschöpping, wel­ches zu den Stahlwerken Hennigsdorf gehörte.

An die­sem Tag soll­te wie üblich der Berufsschulunterricht um 8 Uhr begin­nen. Wir saßen in unse­rem Klassenzimmer, die Zeit ver­ging, kein Lehrer war zu sehen. Um ca. 8:20 Uhr kamen zwei Lehrer und for­der­ten uns auf, nach drau­ßen auf den Hof zu gehen, in Zweierreihen anzu­tre­ten und ihnen dann zu fol­gen. Weitere Erklärungen gab es nicht, wir kamen natür­lich den Aufforderungen nach. Wir gin­gen zu Fuß durch Hennigsdorf, Heiligensee, Schulzendorf und Tegel Richtung Ost-Berlin, Leipziger Straße. Die Grenzen waren inzwi­schen geöff­net, dafür hat­ten bereits die Hennigsdorfer Stahlwerker gesorgt, die schon frü­her los­ge­gan­gen waren.

Wir wuss­ten immer noch nicht genau den Grund unse­res Marsches, waren aber guten Mutes. Zumal wir unter­wegs von den Bürgern gefei­ert wur­den; man beschenk­te uns mit Kuchen, Süßigkeiten und Getränken, unse­re Taschen waren voll.

Als wir an einem klei­nen Platz an der Leipziger Straße anka­men, sahen wir auf der einen Seite in den Nebenstraßen ame­ri­ka­ni­sche Panzer mit der Besatzung ste­hen. Auf den Platz kamen kur­ze Zeit danach die rus­si­schen Panzer T 34. Sie konn­ten sich wohl gegen­sei­tig nicht sehen, so wie wir. Die rus­si­schen Panzer wur­den von den Demonstrierenden mit Steinen bewor­fen. Daraufhin zogen sich die Besatzungsmitglieder in ihre Panzer zurück und schlos­sen deren Luken, um nicht ver­letzt zu wer­den. Viele Demonstranten stell­ten sich vor die rus­si­schen Panzer, öff­ne­ten ihre Hemden und rie­fen „Schießt doch!“, wor­auf die Russen ihre Panzer um die eige­ne Achse dre­hen lie­ßen und dann wie­der in die Ausgangsposition zurückstellten.

Plötzlich wur­de von eini­gen Besatzungsmitgliedern der Panzer mit dem Maschinengewehr geschos­sen, aber nicht auf die Menschen, son­dern in die Luft.

Wir Lehrlinge und unse­re bei­den Lehrer waren ca. 150 Meter von die­sem Geschehen ent­fernt und hat­ten gro­ße Angst, auch weil wir immer noch nicht wuss­ten, was eigent­lich los war. Unsere Lehrer beschlos­sen, dass wir wie­der nach Hause gehen soll­ten und hol­ten uns alle wie­der in die Gruppe. Wir waren sehr froh, weil wir ein sehr ban­ges Gefühl hat­ten. In den Berliner Nebenstraßen haben wir auf unse­rem Rückweg gese­hen, wie eini­ge Menschen Büromöbel und Schreibmaschinen aus den Fenstern war­fen. Mit die­sen Aktionen waren die Stahlwerker nicht ein­ver­stan­den, dies woll­ten sie auf kei­nen Fall und mach­ten das den Menschen auch laut­stark deut­lich. Auf unse­rem Rückweg nach Hennigsdorf kamen wir in zahl­rei­che Kontrollen. Unsere Geschenke, über die wir uns auf dem Hinweg so gefreut hat­ten, wur­den uns teil­wei­se wie­der abgenommen.

Ein Lehrlingskollege hat­te sich schon am Leipziger Platz von uns ver­ab­schie­det, weil er zu sei­ner Tante nach Westberlin und dort eine Nacht blei­ben woll­te. Er bat mich, sei­nen Eltern in Oranienburg Bescheid zu geben, dass es ihm gut gehe und er den nächs­ten Tag wie­der nach Hause kom­men wür­de. Als ich gegen 17:30 Uhr wie­der in Leegebruch zuhau­se ankam, wur­de ich von mei­ner Mutter zuerst mit einer saf­ti­gen Ohrfeige emp­fan­gen, aber dann umarmt mit den Worten „Schön, dass Du wie­der da bist, mein Junge“. Meine Eltern hat­ten sich gro­ße Sorgen gemacht.

Da ich unbe­dingt noch den Auftrag mei­nes Lehrlingskollegen erfül­len woll­te, bat ich mei­nen Vater, mir sein Fahrrad zu lei­hen. Damit war er eigent­lich nicht ein­ver­stan­den, weil der Beginn der Sperrstunde um 18 Uhr unmit­tel­bar bevor­stand. Ich ver­sprach, mich zu beei­len. Ich fuhr über die Birkenallee, den Schwarzen Weg, über den Kanal, durch Eden nach Oranienburg zu den Eltern mei­nes Kollegen und habe ihnen die Nachricht über­bracht. Sie waren sehr froh und haben mir über­schwäng­lich gedankt. In dem­sel­ben hohen Tempo fuhr ich wie­der nach Leegebruch zurück. Obwohl ich es nicht bis 18 Uhr geschafft hat­te, war ich damals der Meinung, dem Rekord des Radrennfahrers Täve Schur bei mei­ner Tour nach Oranienburg und zurück sehr nahe gekom­men zu sein. Es hat übri­gens nie­mand gemerkt, dass ich nach Beginn der Sperrstunde noch unter­wegs war. Als 16-jäh­ri­ger Jugendlicher war der 17. Juni ein auf­re­gen­der Tag für mich. Die Bedeutung die­ses Volksaufstandes ist mir erst spä­ter bewusst gewor­den. Im Ausbildungswerk fand in den nächs­ten Tagen noch kein regu­lä­rer Berufsschulunterricht statt, aber irgend­wann kehr­te der nor­ma­le Alltag wie­der ein.

Gerhard Kurz

Der Autor (86) wohnt in Ottersberg bei Bremen und ist Mitglied im Geschichtsverein Leegebruch.

Schlagworte: 17. Juni 1953, Arbeiteraufstand, DDR-Zeit
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